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Heimatgeschichte: Der Hexengraben von Dietmar Kuffer

Erstellt von Atlan am 02-May-2010 07:30 (2416 gelesen)

Wer vom Markt Laaber nach Beratzhausen kommt, der erblickt, wenn er am Beratzhausener Klärwerk und am Köpfkircherl vorbeifährt, sogleich den Sixenfelsen. Diese steil aufragende Felswand aus Kalkgestein des Juras überragt den Volksfestplatz, auf dem die Beratzhausener ihre Feste feiern.

Nordwestlich des Sixenfelsens, unmittelbar an den Sixenfelsen angrenzend, existiert ein unscheinbares und schmales Trockental, das den Namen "Hexengraben" trägt.

Der Hexengraben verbindet die Hochfläche des Zehentbergs mit der Talaue der Schwarzen Laber. Wie eine Kerbe, die mit Gesteinsbrocken durchsetzt ist, scheint das Bett des Hexengrabens in das Juragestein eingemeißelt zu sein. Auffallend sind dabei das starke Gefälle und die wildromantische Felsenlandschaft, die das Gesicht des
Hexengrabens prägen.

In unserer Zeit kennt man eher den Straßennamen "Am Sixenfelsen". Dabei meint man jedoch im Wesentlichen nur die Häuser, die im Hexengraben errichtet wurden. Der Name "Hexengraben" scheint jedoch in der Gegenwart fast vergessen zu sein, da ihn viele Beratzhausener gar nicht mehr kennen.

Dass es sich beim Namen "Hexengraben" um eine geschichtlich gesicherte Bezeichnung handelt, das ist wohl nur mehr Wenigen bekannt. Es wäre schade, wenn die geographische Bezeichnung "Hexengraben" aus den Flurkarten verschwinden würde, in denen sie so lange belegt ist. Älteste Flurkarten wurden im Raum Beratzhausen noch vor der Mitte des 19. Jahrhunderts erstellt.

Einen Großteil seines Lebens verbrachte der bekannte Altbürgermeister und Schriftsteller Franz Xaver Staudigl im Hexengraben. Sein Wohnhaus war im obersten Teil des Hexengrabens, unmittelbar unter der Hangkante. Oberhalb seines Anwesens ist die Einmündung des Lichtenbergwegs in die Jurastraße. Selbst Personen, die Franz Xaver Staudigl sehr nahe standen - wie seine Ehefrau Margit Staudigl und deren Bruder Roland Franz - waren sich des Namens "Hexengraben" in Gesprächen mit mir kaum bewusst.

Franz Xaver Staudigl selbst scherzte über den Namen "Hexengraben" als Heimat eines Politikers und genoss die Aussicht von seinem Balkon, denn von dort scheint der verträumte Schlossberg trotz seiner Entfernung zum Greifen nahe zu sein.

Bei Starkregen auf der Hochfläche wird der Hexengraben zum reißenden Gebirgsbach, der plötzlich sehr viel Wasser führen kann. Dadurch kann sich eine Gefährdung des Autoverkehrs auf der Straße nach Laaber ergeben. Früher schoss das Wasser durch den Hexengraben nur bei starken sommerlichen Gewitterregen, aber heute ist die Gefahr eher noch größer, da die Bebauung und Versiegelung der Hochfläche am Zehentberg für einen deutlich stärkeren Abfluss des Oberflächenwassers verantwortlich ist. Außerdem ist der Kanalstrang, der nordwestlich des Hauses von Franz Xaver Staudigl errichtet wurde, mittlerweile zu klein, um für eine ordnungsgemäße Entwässerung des Zehentbergs zu sorgen, da immer mehr Häuser angeschlossen wurden und so die Abwasserleitung des Zehentbergs immer schneller an ihre Grenzen stößt.

Manche waren der Meinung, dass die Flutmulde des Hexengrabens nie hätte bebaut werden dürfen, weil die Gefahr der Überschwemmung bei Starkregen immer ein Problem für die Hausbesitzer im Hexengraben bleiben wird. Eine derartige Überschwemmung machte Franz Xaver Staudigl in den 90er Jahren zu schaffen, da die Wassermassen -
angereichert mit Schlamm und Dreck aus der Kanalisation - mitten durch sein Haus schossen. Er selbst nahm das schreckliche Unglück mit Humor und sprach von Heilerde, die ihm der liebe Gott schicke, damit er wieder gesund würde. Dies half ihm über die schrecklichen Tage hinweg. (Seine Frau Margit verbot mir, dies zu erzählen. Deshalb kann ich es nur in schriftlicher Form erwähnen.)

Am Ort Beratzhausen existiert eine alte Geschichte, die sich mit der Entstehung des Namens "Hexengraben" befasst. Diese Erzählung war selbst Franz Xaver Staudigl nicht bekannt.

Die Erzählung vom Hexengraben

Xaver Gassner aus Beratzhausen berichtete mir von seiner Tante, die ihm einst eine Geschichte über den Hexengraben erzählte. Ohne seine freundliche Hilfe wäre es nicht mehr möglich gewesen, den Grund herauszufinden, warum die Beratzhausener seit Generationen das Trockental nordwestlich des Sixenfelsens "Hexengraben" nennen.

Die Hochfläche auf dem Zehentberg, die heute von einem Meer an Häusern bedeckt ist, war noch in der Mitte des 20. Jahrhunderts ausschließlich landwirtschaftlich geprägt.

Berüchtigt war der schlechte, karge Boden jener Hochfläche, der nur geringe Erträge auf steinigem Untergrund zuließ. Die Humusschicht auf den kleinteiligen und zerstreuten Ackerflächen war so gering, dass Missernten häufig vorkamen und die Armut der Bewohner war groß und berüchtigt.

Mit den unzureichenden technischen Mitteln der Vergangenheit gelang es nur unter Mühe, den Boden zu bestellen. Oftmals musste eine schwache, alte Kuh den Pflug ziehen, da es keine Ochsen oder Pferde gab.

Ein Bauer aus Beratzhausen bestellte seinen Acker auf dem Zehentberg und musste wieder einmal unter einer Missernte leiden. Da kam eine alte und sonderbare Frau vorbei, der er sein Leid klagte. Sie hörte ihm interessiert zu und versprach ihm Hilfe. Die Frau behauptete, bestimmte Kräuter zu kennen, die er in Odel hineintun müsse. Anschließend solle er die Kräuter ziehen lassen. Das müsse er dann im Frühjahr auf den Feldern verbreiten, was ihm eine gute Ernte bescheren würde. Tatsächlich konnte sich der Bauer im Herbst über einen hervorragenden Ertrag freuen.

Die alte Frau hatte aber eine Bedingung genannt : Bei der Ernte wollte sie zwei Säcke Getreide überlassen bekommen.
Der Bauer fragte die Frau, wann und wo er es ihr geben sollte. Sie sagte ihm schlicht, sie käme schon zum richtigen Zeitpunkt.

Im Herbst erntete der Bauer zusammen mit dem Knecht und er schickte sich bei der Arbeit, um das Getreide auf den Wagen zu bringen. Kaum war er damit fertig, da erschien auch schon die alte Frau. Sie hatte zwei Säcke dabei und wartete auf den ihr versprochenen Lohn. Der Bauer jedoch vertröstete sie. Er verwies darauf, dass er schon aufgeladen habe und meinte, es wäre wohl das Beste, wenn sie bis zum nächsten Jahr warten würde. Der Bauer wollte mit Knecht und Fuhrwerk nach Hause fahren.

Als der Bauer mit seinem Gespann in der Mulde oberhalb des Hexengrabens ankam, da verfluchte die alte Frau das Fuhrwerk, der Boden ging auf und Berge von Sand rutschten den Hang hinab. Bauer, Knecht und Fuhrwerk wurden von der Erde verschluckt.

Seit dieser Zeit gibt es in Beratzhausen den Hexengraben. Selbst in der Gegenwart riecht es im Hexengraben und auf dem Zehentberg noch nach dem Kräuterodel der alten Frau.

© Das Urheberrecht an den Texten liegt beim Autor Dietmar Kuffer


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