Im Burg-Museum von Parsberg arbeiten der Leiter Theodor Döllinger und die Kunsthistorikerin Stephanie Rufas an der Erweiterung der Abteilung "Geschichte des 20. Jahrhunderts", die bis dato den ersten und zweiten Weltkrieg umfaßt. Exponate und Dokumente aus der Zeit der Weimarer Republik und des Dritten Reiches, gesammelt in der Gegend des ehemaligen Landkreises Parsberg, sollen die Ausstellung ergänzen. Den Grundstock bilden die Sammlungen des Parsberger Oberlehrers Singer und des Hohenburger Hauptschullehrers Spörer. Letzterer war während der NS-Zeit beauftragt worden, alles Material zu archivieren, welches die NSDAP im Landkreis betroffen hatte.


Die Vitrinen sind bereits gebaut und haben einen den Epochen angepassten Anstrich erhalten, die Massen von Papier liegen in den Verwaltungsräumen nach Themen geordnet zum Aufkleben auf Tafeln bereit, ergänzende Texte und Erklärungen sind in Vorbereitung. Die Ausstellung wird chronologisch aufgebaut werden, wobei die Struktur der Gegenüberstellung von Reichspolitik und Auswirkung auf die Bevölkerung im ehemaligen Landkreis Parsberg beibehalten wird. Die thematische Gliederung wird mehrere Stränge umfassen und zwar Weimarer Republik, Machtübernahme, Gleichschaltung und anschließende Ausschaltung. Desweiteren werden Außenpolitik / Kampf gegen den Vertrag von Versailles, Wirtschaftspolitik unter dem Gesichtspunkt der Kriegsvorbereitung und die Rolle der Familie und der Frau unter der Nazi-Diktatur inkludiert werden.



Seit ca. 20 Jahren befindet sich der Leiter des Museums Theodor Döllinger auf Exponatensuche und legt besonderen Wert darauf, daß die Dinge, die vor Ort gesammelt wurden auch dort ausgestellt werden und nicht in größeren Museen landne. Dem ehemaligen Lehrer der Fächer Deutsch, Geschichte und Sozialkunde ist es ein besonderes Anliegen die Geschichte des Nationalsozialismus aufzuzeigen und sie als abschreckendes Beispiel auch an die nachfolgenden Generationen weiter zu vermitteln. Er selber interessiert sich für dieses Thema seit seiner Schulzeit, da sein Lehrer noch selbst Mitglied der Hitler-Jugend war und seinen Schülern nichts verschwiegen hatte, sondern es verstand, die Zeit in aller Sachlichkeit zu verdeutlichen.



Das 1981/82 aufgebaute Parsberger Burgmuseum gliedert sich in zwei Abteilungen. Im ersten Stockwerk ist auf 500 qm eine umfassende volkskundliche Sammlung zu finden, die die Themen Handwerk, Textil, Religion und Wohnen anschaulich behandelt. Im zweiten Geschoß ist der historische Teil zu finden, der den regionalen Gesichtspunkten einen großen Platz einräumt, wodurch allgemeine geschichtliche Daten und Fakten veranschaulicht werden, da die Menschen in dem Gebiet rund um Parsberg wie allerorts Anteil an allen geschichtlichen Entwicklungen gehabt haben. So dokumentiert t ein Brief einer Frau aus dem Landkreis an den Reichspräsidenten die Armut der Bevölkerung des Landkreises während der Weimarer Zeit und wird durch einen Stoffhund ergänzt, der 1923 für zig Millionen Reichsmark erstanden wurde. Ein Kriegsgefangenenbett aus Hinterkreith / Hemau zeigt anschaulich die damaligen Verhältnisse auf, natürlich immer ergänzend zu den zahlreichen Dokumenten. Hier kommt eine Vielzahl aus Beratzhausen, da der Bürgermeister und Kreisleiter Josef Albrecht sich in Bezug auf die Parteipolitik besonders hervorgetan hatte. Durch den Lauf eines Rundschreibens versucht Döllinger die hierarchische Struktur im Dritten Reich zu verdeutlichen: lückenlos konnte er die Dokumente sammeln und die Weitergabe von Vorgaben ausgehend von Schwandorf über die Ortsgruppe Regensburg, über den Landkreis bis hin nach Beratzhausen zusammenstellen. Andere Schriftstücke zeigen die anfänglichen Schwierigkeiten der NSDAP auf, Ortsgruppen zu etablieren. Auch wird der zunächst starke Widerstand der Bayerischen Volkspartei in der Ausstellung berücksichtigt werden, da man Unterlagen über Beschwerden gegen die Wahlpropaganda der NSDAP gefunden hat.



Für Döllinger ist es immer noch faszinierend, wie akribisch die Gleichschaltung auch im ländlichen Bereich vorbereitet worden war, indem man bereits im Vorfeld parallel zu den Vereinen Organisationen der NSDAP geschaffen hatte. "Es ist Wahnsinn, daß innerhalb von zwei Jahren das gesamte Staatswesen umgekrempelt wurde", so der Museumsleiter. Er vertritt aufgrund seiner Forschungen auch die Meinung, daß das Leben auf dem Land genau wie in den Metropolen vom Nationalsozialismus geprägt war und wer sich nicht anpassen wollte, Angst um sein Leben haben mußte.

Mit der Machtübernahme hat sich die Volksschullehrerin Fruhmann aus Hemau intensiv befaßt und mit Hilfe von örtlichen Zeitungen eine laut Döllinger beispielhafte Dokumentation über das Jahr 1933 erstellt, die selbstverständlich in der neuen Ausstellung inkludiert werden wird.

Das Museum arbeitet von Anfang an mit der Landesstelle für nichtstaatliche Museen in Bayern zusammen, erhält auf diese Weise auch Zuschüsse, da ansonsten eine Verwirklichung derartiger Projekte wie "Die Nazizeit auf dem Land" nicht möglich wäre. Schätzungsweise bis zum Februar des kommenden Jahres wird es noch dauern, bis die weiteren ca. 60 qm im zweiten Stock des Parsberger Burgmuseums der Öffentlichkeit zugänglich sein werden. Um die Zielgruppe der Jugendlichen zu erreichen, will man die Schulen anschreiben und kostenlose Führungen für Lehrer anbieten.