Genmanipuliertes Saatgut - Fluch oder Segen?
Kategorie : Überregional
Veröffentlicht von Gast am 09-Feb-2004 18:32
Spätestens seit der Demonstration in München ist die Diskussion über Zulassung und Einsatz genmanipulierten Saatgutes in der Öffentlichkeit entfacht. Auch der Bayerische Bauernverband Regensburg und die örtlichen Bauern im Oberpfälzer Jura und dem Tangrintel sprechen sich vorallem für eine Kennzeichnung der veränderten Produkte aus, wobei der Bund Naturschutz in seinen Forderungen einen Schritt weiter geht.

Deutliche Kennzeichnung
Seitens des Bayerischen Bauernverbandes Regensburg fordere man genfreie Zonen, wobei man als Pilotprojekt den Ortsverband Fischbach - Schirndorf ausgewählt habe, der plakativ kein genmanipuliertes Saatgut verwenden werde. Desweiteren, propagiere man eine für den Verbraucher deutliche Kennzeichnung für aus genmanipulierten Saatgut entstandene Produkte, damit ihm eine Entscheidungsmöglichkeit gegeben werde, äußerte sich Benedikt Söllner zu diesem Thema. Ganz strikt sei man gegen eine Vermischung der Produkte, auch bei deren Weiterverarbeitung.

In der Region des Oberpfälzer Jura würde genmanipuliertes Saatgut laut dem Bauernverband lediglich beim Anbau von Mais sinnvoll sein, da durch die Genveränderungen Abwehrstoffe in der Pflanze gegen die Krankheit Maiszündler gebildet würden. Bei Weizen und Gerste sähe er keinen Grund, genmanipuliertes Saatgut einzusetzten, zumal man davon ausgehen müsse, daß dieses auch teurer sei als die herkömmliche Ware.

Freizonen gegen gentechnische Verunreinigungen
Die Geschäftsstellenleiterin des Bund Naturschutz Regensburg, Tina Dorner hat beobachtet, daß dieses Thema bis dato die breite Bevölkerung wenig interessiere und zog den Vergleich zu Strahlungen im Mobilfunkbereich: " man sieht, hört und spürt es nicht, die Auswirkungen sind nicht plastisch greifbar", daher tendierten viele Menschen dazu, die Thematik und die davon ausgehenden Gefahren zu ignorieren. Vorallem für Bio-Bauern würde es kaum eine Möglichkeit des Schutzes geben, da spätestens bei der Ernte der reifen Früchte die Samen durch Windflug verbreitet würden, somit könne man bei stärkerem Einsatz genmanipulierten Saatgutes kaum "Freizonen" deklarieren.

Im Dezember hat sich das Bündnis Bayern für gentechnikfreie Natur und Landwirtschaft formiert, das sich unter anderem für Schutzgebiete mit entsprechenden Sicherheitsabständen zur Vorsorge von gentechnischen Verunreinigungen auf gentechnisch frei bewirtschafteten Flächen einsetzt. Desweiteren habe man die Landwirte zu einer Selbstverpflichtungserklärung aufgefordert, ihre eigenen Felder zu gentechnikfreien Zonen zu erklären und mit ihren Nachbarn entsprechende vertragliche Regelungen zu treffen. Seitens der Naturschützer befürchtet man eine Kettenreaktion, nämlich eine schleichende Kontamination der gesamten Nahrungskette.

Landwirtschaft gerät auf diese Weise immer mehr in Verruf
Einige Bauern der Region stehen dem Einsatz von derartigem Saatgut ebenfalls nicht positiv gegenüber, geben jedoch zu bedenken, daß durch EU-Entscheide ihnen über kurz oder lang um wettbewerbsfähig zu bleiben, kaum eine andere Möglichkeit bliebe, als das teurere genmanipulierte Saatgut einzusetzen. Alois Rauscher aus Unterlichtenberg / Beratzhausen kritisierte, daß auf diese Weise die Landwirtschaft immer mehr in Verruf käme und für negative Schlagzeilen Sorge getragen würde. Auch bei der Kennzeichnung der Produkte sei man vor Vorurteilen nicht gefeit. Er würde zwar keine ökologische Landwirtschaft betreiben, dafür sei sein Betrieb zu klein, jedoch sei zum Beispiel der Maiszündler bis dato in der Beratzhauser Gegend nie zum Problem geworden, man bekäme ihn auch ohne Genveränderungen in den Griff. Würden die Äcker weiter umgepflügt werden, könne die Krankheit nicht überwintern. Allerdings müsse diese Bodenbearbeitung großflächig erfolgen, da die Krankheitserreger durch die Luft verbreitet würden. Er selber wolle mit einer Entscheidung bezüglich des Einsatzes genmanipulierten Saatgutes zunächst den Herbstertrag abwarten.

"In den Genen tickt eine Bombe"
Drastischer äußerte sich der Landwirt Josef Pollinger aus Eckertshof / Hemau zu diesem Thema. Ob es ein Fluch oder ein Segen sei, so der Landwirt, würde die Zukunft zeigen, jedoch habe man bereits vor dreißig Jahren in der Schule gelernt "in den Genen tickt eine Bombe" und mit dieser Bombe spiele man jetzt. Der einzelne Landwirt sei jedoch nicht gefragt, es handle sich um ein abgekartetes Spiel, hinter dem die riesigen Saatgutkonzerne stünden. Eines sei ebenso sicher, wenn genmanipuliertes Saatgut einmal den Acker erreicht habe, dies könne auch schlicht durch Windflug geschehen, bekäme man es nicht mehr aus dem Boden warnt Pollinger und verweist auf Erfahrungen kanadischer Kollegen.

Gefährliches Terrain
Betrachte man es von der ethischen Seite, ergänzt der Hemauer Landwirt seine Aussagen, so müßten sowohl Erzeuger als auch Verbraucher ein klares nein aussprechen, doch die Zivilcourage fehle auf beiden Seiten. Die Landwirte seien von den Politikern "im Regen stehen gelassen worden", bis dato habe es aus Brüssel noch keinen Beschluß gegeben, der ihnen von Nutzen sein könnte, sondern lediglich behindernde Vorschriften. Die Märkte für landwirtschaftliche Produkte seien daher noch nie so kaputt wie heute, es gäbe kaum mehr wirklich natürliche Produkte führt Pollinger weiter aus. Und bezüglich des genmanipulierten Saatgutes habe man sich auf ein aus seiner Sicht sehr gefährliches Terrain begeben, wobei die Kontaminierung der gesamten Nahrungskette und die weiteren Auswirkungen noch nicht erforscht seien. Erst in zwanzig Jahren könne man abschätzen, welche Nachwirkungen der Einsatz der genmanipulierten Produkte habe. Daher habe er immer gefordert, es solle bis zu endgültigen Erforschung in den Versuchslabors bleiben.