Geologische, naturkundliche und geschichtliche Wanderung der Agricola
Kategorie : Überregional
Veröffentlicht von Gast am 27-Oct-2003 14:31
Die von Agricola der Arbeitsgemeinschaft für Kultur-und Naturgeschichte Region Schwarze Laber - Tangrintel e.V. organisierte Wanderung von Degerndorf nach Gottesberg stieß auf großes Interesse der Bevölkerung, wobei ein Großteil der Teilnehmer aus Laaber und Beratzhausen kam.Original-Bild

Wie bei allen Veranstaltungen des Vereins Agricola handelte es sich nicht um eine einfache Wanderung, sondern mehr um eine Excursion, ganz seinen Schwerpunkten - Ur-, Vor- und Frühgeschichte, Geographie Geologie Paläontologie, Siedlungs-, Flur und Ortsgeschichte, Heimatgeschichte Technikgeschichte entsprechend. Wobei die Informationen an diesem Sonntag von dem Mühlenwesen über die Trockenrasen bis hin zu steinzeitlichen Funden in der Gegend reichte. Der erste Vorsitzende Ernst Olav wurde hierbei von dem "Mühlenfachmann" Richard Thaler aus Laaber und dem Vorsitzenden des Bund Naturschutzes Parsberg Schirmer unterstützt.
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Die Degerndorfer und die Eggenthaler-Mühle wurden zum Anlaß genommen, ihre Geschichte und den Aspekt "über die Kunst, das Wasser zu nutzen, ohne sein Wesen zu verändern"zu beleuchten . Die Trockenrasen und die Schilfgürtel, an denen der Weg vorbeiführte wurden genutzt, um den Teilnehmern, die von Kindern im Kinderwagen bis hin zu älteren Semestern alle Altersstufen umfaßte, die Ökologie näher zu bringen, indem die Bedeutung der Kulturlandschaft Trockenrasen mit ihrer Artenvielfalt, als auch die aus der verringerten landwirtschaftlichen Nutzung der Uferflächen resultierende Verbreiterung des Schilfgürtels entlang der Laber in Bezug auf die dort lebenden seltenen Tiere beleuchtete. Mit dem offenen Auge für Natur waren natürlich auch die Spuren der in dieser Gegend wieder heimisch gewordenen immer noch unter Naturschutz stehenden Biber nicht zu übersehen. Die kurzen Erläuterungen der jeweiligen Referenten rissen diese Themen kurz an, um zu verdeutlichen, welche Einflüsse die am Wegesrand der Spaziergänger oft unbeachteten Vegetation und Population auf das gesamte Ökösystem haben.
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Aber Agricola ist keine reine Naturschutzvereinigung, sondern hat ihren Schwerpunkt in der historischen und prähistorischen Forschung, wobei Ernst Olav in erster Linie federführend agiert. Er griff in diesem Zusammenhang die Entstehung des Labertals auf. So erfuhr man, daß das Tal in der letzten Eiszeit entstanden ist, Erosion und Eingriffe des Menschen haben vor über 4000 Jahren das Erdreich aus der Hochebene eingeschwemmt, sodaß das Kastental entstanden sei. Menschen seien jedoch bereits vor 7000 Jahren durch diese Gegend gezogen, was durch Funde zu beweisen sei. Es habe sich jedoch noch um Jäger und Sammler gehandelt, zu einer Zeit in der im wärmeren Donautal bereits Ackerbau und Viehzucht betrieben wurden. Vor der Wieselbruckmühle seien tausende von Gerätschaften gefunden worden, die diese Aussage belegen würden, und gleichzeitig auf Rastplätze auf dem Hochplateau hinweisen würden., Im Übrigen sei auf der Hochebene ein bronzezeitliches Dorf mit ca. 4 bis 5 Häusern nachzuweisen. Erwähnenswert ist hierbei, daß die heutigen Dörfer keine 200 Meter davon entfernt liegen. Ein Phänomen, daß nicht nur auf die Gegend rund um Degerndorf zutrifft. In der dortigen bronzezeitlichen Siedlung habe man laut dem Vorsitzenden der Agricola zum ersten Mal in Bayern neben schwarzgebrannter Keramik das dreiflügelige Hakenkreuz, respektive ein stilisiertes Feuerrad, ein uraltes Glückssymbol gefunden.

Wenn man ihm lauscht, so muß man staunen, mit welchen Schätzen der Boden entlang der Schwarzen Laber gespickt ist und wie weit die Geschichte in dieser Gegend zurückgeht und zurück zu verfolgen ist. Doch durch die Erklärungen vor Ort wird es leichter, den Bezug zu der heutigen Zeit herzustellen, als wenn lediglich Literatur zu Rate gezogen wird, die im Übrigen die gesamte Gegend etwas stiefmütterlich behandelt. Einige der Funde sind in dem Parsberger Burgmuseum zu betrachten.

Auch die Auswirkungen von Handlungen in der Steinzeit sind bis heute spürbar. Die Eisenverhüttung des damals gar nicht so armen Gebietes Oberpfälzer Jura führte zu massiver Abholzung der Wälder, die wiederum extreme Erosionserscheinungen zur Folge hatten und damit auch ein Absinken des Grundwasserspiegels. Ein Phänomen, daß eine Aussage des Vereins bestätigt, nämlich "Vieles von dem was unsere heutige Zeit mit ihrem komplexen Zusammenwirken sehr unterschiedlichen Faktoren betrifft ist eine Folge dessen, was sich aus den natürlichen und kulturgeschichtlichen Grundlagen unseres Raumes entwickelt hat."
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Besondere Faszination übte auf die Teilnehmer der Excursion der Abstieg zu einem Schratzlgang in Gottesberg. Doch Olav ließ keinen unvorbereitet in den Keller mit dem abzweigenden Gang hinuntersteigen. Zunächst erklärte er die faszinierenden Funde in der nahe gelegene, mit vielen Seitenschachten versehenen Höhle am Tischnerberg, wo bereits in den 20.er und 30.er Jahren Skelettfunde gemacht wurden. Die Skelette von Frauenleichen unter Trennung von Kopf und Körper, mit ihren Schmuckbeigaben deuten auf eine Nachbestattung von Priesterinnen in der Bronzezeit hin. In dieser Epoche suchte man die Muttergottheiten in Höhlen. Auch hier sind einige Funde im Parsberger Museum ausgestellt. Das Schratzlloch, richtig Erdstal genannt, hat seinen Ursprung laut Olav in heidnischer und frühchristlicher Zeit, man habe dort versucht, Heilung von körperlichen Leiden zu finden. Doch auch der Aberglaube an Zwerge, die bei der Arbeit auf dem Hof unerkannt halfen hielt sich über Jahre hinweg. Solche Löcher sind ebenso in Hardt wie auch in Mausheim zu finden.

Derartige Führungen wie am vergangenen Sonntag tragen dazu bei, die Landschaft entlang der Laber und im gesamten Oberpfälzer Jura mit anderen Augen zu sehen und einen Teil der Bevölkerung für die historischen Hintergründe zu sensibilisieren, um auf diese Weise eine andere Beziehung zu der Gegend herzustellen, wobei Agricola es versteht, die Theorie mit der Praxis zu verknüpfen und somit auch in derartigen Dingen weniger Vorgebildete zu faszinieren.