Für jeden Geschmack und Bedarf ein Spitzl
Kategorie : Hemau
Veröffentlicht von MarkJohn am 29-Oct-2003 21:07
Es gibt viele unverwechselbare Dinge, mit denen die Stadt Hemau sofort charakterisiert wird. Eines davon sind die Spitzl, die am Freitag beim Spitzlmarkt angeboten werden. Wie lange es diese Tradition in der Tangrintelstadt schon gibt, ist heute nicht mehr bekannt. Heinz Lanig, der seitens der Stadtverwaltung den Spitzlmarkt organisiert, meint, dass es diese Veranstaltung weit vor dem Zweiten Weltkrieg schon gegeben habe. Und Resi Hirn, die mit ihrem Gatten Dietmar heuer die Spitzl auf dem Markt anbietet, spricht von einem Rezept für dieses Gebäck, das von der Urgroßmutter überliefert worden ist.
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Stolz präsentieren die diesjährigen Spitzl-Lieferanten für den Spitzlmarkt ihr Sortiment: Dietmar, Resi und Robert Hirn mit den frischen Spitzl. Fotos: Markus Bauer


Dabei laufen für die Hauptbeteiligten, d.h. für Heinz Lanig und die Konditorei Hirn (Café Maag) die Vorbereitungen für den Spitzlmarkt schon einige Zeit früher an. Etwa fünf bis sechs Wochen vor dem Termin beginnen für Lanig die Vorbereitungen: Für einen Markt müssen attraktive Fieranten gewonnen werden, damit selbst bei schlechtem Wetter ausreichend Leute kommen. “Zu 80 Prozent sind die Fieranten schon viele Jahre da”, erklärt der Stadtbedienstete. 22 Beschicker sind es heuer, die aus der ganzen Oberpfalz nach Hemau kommen. Eine Anfrage kam sogar aus Erfurt. Zu kaufen gibt es allerlei Textilien, Korbwaren, Schmuck und Schuhe. Der Frauenbund bietet seinen neuen Kalender an. Und für den kleinen Hunger zwischendurch gibt es einen Fisch- und einen Bratwürstlstand.
Das traditionelle Essen beim Spitzlmarkt ist aber natürlich das Spitzl – besser gesagt: sind die Spitzl. Denn drei Spitzlsorten bietet die Konditorei Hirn: Biskuitspitzl, Tortenspitzl (vier verschiedene Größen) und Lebkuchenspitzl. Damit vor allem die letztgenannte Sorte rechtzeitig fertig wird, musste bereits Ende August/Anfang September der spezielle Honigteig hergestellt werden. In einem feucht-kühlen Raum muss er dann ein paar Wochen lagern, damit sich der Geschmack richtig entwickelt. In der zweiten Septemberhälfte ging es dann ans Backen der Lebkuchenspitzl, die dann bis zum Verkauf erneut einige Wochen lagern müssen. Weit weniger Zeit ist für die Biskuitspitzel nötig. Am vergangenen Montag hat Dietmar Hirn den Teig gemacht, für die Tortenspitzl ist das erst zwei bis drei Tage vor dem Spitzlmarkt nötig. Doch diese beiden Spitzlsorten sollten auch möglichst rasch verzehrt werden, weil sie sich nur ein paar Tage halten. Die jüngste Sorte sind übrigens die Tortenspitzl, die auf Anregung von Kunden in den 70er Jahren ins Sortiment aufgenommen wurden.
Den Spitzlmarkt organisiert Heinz Lanig alleine. Ohne zusätzliches Personal stemmt auch Familie Hirn die Produktion der Spitzl. “Natürlich sind Sonderschichten nötig”, verrät Dietmar Hirn, “aber es bleibt alles in der Familie”. Die ersten Spitzl gibt es etwa zehn bis 14 Tage vor dem Spitzlmarkt, Ende des Verkaufs sind in der Regel der Allerheiligen- und Allerseelentag. Resi Hirn ist in letzter Zeit besonders aufgefallen, dass Kunden teilweise 60 bis 80 Lebkuchenspitzl auf einmal einkaufen. “Die frieren sie dann zu Hause ein und essen sie dann, wann sie Appetit drauf haben”, schildert sie und macht den Honigteig dafür verantwortlich. Und die Lebkuchenspitzl schmecken gleichermaßen zu Glühwein, Tee oder Kaffee. Auch berichtet sie, dass viele Wirte diese Spitzl kaufen und sie für die Bratensoßen verwenden. Aus Regensburg und der Gegend um Neumarkt hat sie regelmäßig Abnehmer für diesen Zweck.
Früher schenkte der Firmpate seinem Firmling ein Spitzl. Oder der junge Mann eines seiner Angebeteten. Daher gibt es auch unterschiedliche Bildmotive wie die Engel, nach denen vor allem ältere Leute immer wieder fragen. Auf den Spitzln der Konditorei Hirn finden sich aber auch Gedichte für Verliebte oder unterschiedliche Figuren. “Es wird immer schwieriger, diese Bildchen zu finden, da es nur noch eine oder zwei Firmen gibt, die diese herstellen”, stellt Robert Hirn fest. Zwar könnte man mit dem Computer solche Bilder produzieren, die Originalität wäre aber für Resi und Dietmar Hirn damit verloren.
Nicht nur die Bildchen, die Spitzl und der Spitzlmarkt insgesamt stehen für die Originalität Hemaus. Vom Stadtplatz bis zum Textilhaus Lanzl, auf dem Matthias-Mühlbauer-Platz und am Oberen Stadtplatz vor dem Frankhauser-Anwesen herrscht am Freitag von 8 bis 17 Uhr reges Markttreiben, wenn nicht nur viele Besucher aus der Großgemeinde Hemau, sondern auch aus den Nachbargemeinden dem Spitzlmarkt einen Besuch abstatten. Und am Stand der Konditorei Hirn gibt es zur gleichen Zeit neben den Spitzln auch Glühwein und allerlei Hemauer Geschenkartikel.
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Viel Vorbereitung und Sorgfalt ist bei der Herstellung der Spitzl nötig.


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Die Hemauer Bäckereien und Konditoreien sind bekannt für die vielen Sorten ihrer Spitzl.


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Sie dürfen auch stolz sein auf die Hemauer Originalität: Die Verkäuferinnen.