Neuschreibung der Geschichte Hardts
Kategorie : Beratzhausen
Veröffentlicht von Gast am 27-Feb-2004 14:37
Original-BildAm 06. März wird Dr. Artur Dirmeier vom Katharinenspital in dem Gasthaus "Alte Schule" in Hardt die frühe Geschichte des Beratzhauser Ortsteils in Zusammenhang mit dem Spital erläutern und einige Fakten bekannt geben, die bis dato nicht in den offiziellen Geschichtsbüchern Beachtung gefunden haben. Die Redaktion hat nun im Vorfeld bereits einige geschichtliche Eckpunkte, die Dr. Dirmeier im Detail an diesem Abend erläutern wird, zusammengestellt.

Eine für ein Dorf große Anzahl von Urkunden und detaillierte Zeugenaussagen im Rahmen eines Gerichtsverfahrens liefern ein frühzeitliches Bild der Ortschaft Hardt und ihres Ministerialen Ulrich Winno, der als Gefolgsmann Konrads von Hohenfels seinen Besitz in Hardt vergrößerte, um es dem Katharinenspital zu vermachen. Ministerialität war damit verbunden, Burgen zu errichten und zu beherrschen, Städte und dörfliche Siedlungen zu gründen und gerichtliche, verwaltungspolitische sowie wirtschaftspolitische Aufgaben wahr zu nehmen, wobei einige Vertreter der Reichs- und Reichskirchenmiisterialen gleichzeitig eigene Herrschaft ausübten.

Schenkung an das Katharinenspital
Ulrich Winno zählte zu dem Gefolge des Hohenfelser, wodurch er zum einen zur familia des Bischofs von Regensburg zählte und zum anderen als zugewiesenes Dienstgut die Ortschaft Hardt hatte. Um letztere als Schenkung dem Katharinenspital nach seinem Tod übereignen zu können benötigte er daher die Zustimmung des Hohenfelsers und des Bischofs von Regensburg. Beide hatten diesem Ansinnen nichts entgegen zu setzen, was zur Folge hatte, daß Hardt 300 Jahre lang seinen Beitrag zur Versorgung der Armen und Kranken geleistet hat..

Vertragstexte aus den Jahren 1241 und 1245, Urkunden des Bischofs Siegfried und seines Ministerialen Konrad von Hohenfels lassen aufgrund einer im lateinischen Text gebrauchten Verkleinerungsform den Schluss zu, daß es sich zunächst um kleine Güter gehandelt haben muß, die dann zu einem Hof und einem Lehen zusammengefasst wurden, da diese 1333 Erwähnung in dem Urbar des Katahrinenspitals finden. Grundholde mit den Namen Wölfel, Kliegel, Friederich, Schneider, Hiltnerin, Schirndel und Hirs werden in den Rechnungsbüchern des Jahres 1373 erwähnt.

Apokalyptische Visionen
In der damaligen Zeit waren, laut Dirmeier, aufgrund apokalyptischer Visionen und die allgemeine Sorge um das Seelenheil Stiftungen an kirchliche Einrichtungen an der Tagesordnung, immer mit dem Hintergedanken, auf diese Weise das eigene Seelenheil zu sichern, Dies mag auch der Grund gewesen sein, daß der zum Gefolge des bischöflichen Spitzenministerialen Konrad von Hohenfels zählende Ministeriale Ulrich Winno seine gesamten Besitztümer dem Katharinenspital und den Zisterzienserinnen von Pielenhofen hinterließ.

Treuhänder Konrad von Hohenfels
Siegfried, der damalige Bischof von Regensburg bestätigt diese Hinterlassenschaft in einer Urkunde vom 13. Januar 1241, in der vermerkt ist, daß Ulrich Winno und seine Frau Engla dem Spital sieben Hofstellen in Hardt einschließlich der Vogteirechte, der Kirchenvogtei und das "Widumsgut", gleichzusetzen mit Kirchengut und die daraus resultierenden Einnahmen überlassen. Gleichzeitig wurde fixiert, daß die Güter dem Spital weder gewaltsam entfremdet noch von den Spitalbrüdern verkauft werden durften. Konrad von Hohenfels fungierte bei diesem Rechtsgeschäft als eine Art Treuhänder, ein Salmann, der zusicherte, die Rechte des Spitals am Gutskomplex Hardt zu erhalten. In den Jahren der Reformation, von der das Spital 1545 betroffen war, wurden diese Versprechen jedoch auf die Seite geschoben..

Seelgerätestiftung
Es habe sich um eine donatio pro remedio animae, eine Seelgerätestiftung gehandelt, an deren Stelle später das Testament getreten sei, erläutert Dirmeier die rechtlichen Gegebenheiten. Auch zu dem damaligen Zeitpunkt habe es für die Festlegung der Modalitäten nach dem Ableben Zeugen gebraucht, so treten in diesem Fall fünf Domkanoniker von Regensburg und mehrere Pfarrherren auf, darunter auch Pfarrer aus Beratzhausen.. Da in der Zeugenliste auch ein als Diener oder Knecht titulierter Meingott erscheint, ließe darauf schließen, daß Winno selbst auch eine kleine Gefolgschaft gehabt habe. Aufgrund der vorliegenden Zahlen ergibt sich die Vermutung, daß Winno ursprünglich drei Hofstellen in Hardt und ein Anwesen in Heitzenhofen zu seinen Besitztümern zählen konnte.

Weitere vier Hofstellen an das Katharinenspital
Eine weitere Urkunde aus dem Jahr 1245, ausgestellt von Konrad von Hohenfels besagt aufgrund der Titulierung Winnos als fidelis noster, gleichbedeutend mit Getreuen, daß ein Treueverhältnis zwischen Ulrich Winno und den Hohenfelsern bestanden haben muß. In dieser Urkunde vermacht Winno weitere vier Hofstellen in Hardt dem Spital, wobei die Herkunft in diesem Fall genauer erläutert wird. Winno hatte sie von einem Stulus, einem Hakl und seiner Frau und von dem Sohn eines Magenso erworben. Auf die vierte Hofstelle einer Verwandten Winnos namens Hiltpurg hatte er lediglich einen Pfandanspruch, wobei die Eigentümerin bereit war, die Hofstelle gegen eine Zuzahlung von sechs Pfund gänzlich aufzugeben. Dieser Preis wurde vom Katharinenspital direkt gezahlt. Unklar ist allerdings, ob die Übertragung der vier Hofstellen bereits in der Schenkung von 1241 enthalten waren oder eine Ergänzung bildeten. Daraus resultiert eine weitere Ungewissheit, nämlich ob es sich in diesem Jahr effektiv insgesamt um sieben oder elf Hofstellen gehandelt hat. Sicher ist jedoch, daß ein gewisser Heinrich von Stetten von Winno einen Betrag von 720 Pfennigen zur Ablösung der Kirchenvogtei und des Widumsgutes erhielt. Sieben Metzen Hafer und ein Schaf waren zur damaligen Zeit die Abgaben der Vogtei und des Widumsgutes, wobei der Wert des Schafes auf 7 Pfennige festgelegt wurde, womit der oben genannte Kaufpreis also 100 Schafen entsprach.

Testamentsanfechtung
Die Verwandtschaft Winnos war bereits zum Zeitpunkt Schenkung nicht damit einverstanden und nutzte die Gunst der Stunde, als die Macht Konrad von Hohenfels durch ein missglücktes Attentat auf König Konrad IV. eingeschränkt wurde. Winno war zu diesem Zeitpunkt bereits gestorben, als die Verwandtschaft das Testament und Konrad von Hohenfels in seiner Funktion als Salmann anfocht. Vor einem Chorgericht bezeugten jedoch acht Zeugen die rechtmäßige Übereignung von Hardt an das Katharinenspital, wobei es sich ursprünglich um eine Schenkung unter Vorbehalt des Nießbrauches gehandelt hatte, da die Versorgung der hinterbliebenen Ehefrau festgelegt worden war.
Original-Bild
Wer war Winno?
In diesem Zusammenhang wurden auch Aussagen bezüglich der Lebensführung Winnos protokolliert, die auf diese Weise die Person des ehemaligen Herrschers von Hardt greifbarer machen. So berichtete ein gewisser Sifridus, daß Winno ein frommer und weitgereister Mann gewesen sei, der im Rahmen von Wallfahrten bis nach Aachen, Jerusalem und Santiago die Compostella gekommen sei. Ein weiterer Zeuge namens Ulrich wußte von einer Wallfahrt nach Thüringen zu berichten. Da derartige Reisen zur damaligen Zeit mit einer Reihe von Gefahren verbunden waren, hatte Winno im Vorfeld mehrere Testamente geschrieben. allerdings laut Sifridus diese ein Jahr vor seinem Tod nochmals geändert habe. Er selbst habe dies zweimal bezeugt, nämlich zum einen in Hardt selber und dann im Katharinenspital. Winno habe als Erben den heiligen Johannes als Sohn und die heilige Katharina als Tochter eingesetzt Eine Wortwahl die laut Dirmeier dem damaligen Wortschatz entspricht, da man in Bezug auf Erbschaften die jeweiligen Heiligen der Altäre benannte. Somit wurde das Spital mit seinen beiden Altären eindeutig als Begünstigte bestätigt. Zur damaligen Zeit war es im süddeutschen Raum beim Abschluss eines Rechtsgeschäftes üblich, die Zeugen an den Ohren zu ziehen, um die Erinnerung daran bis ins hohe Alter aufrecht zu erhalten. Auch dieses Detail führte Sifridus an : "tractum per aurem in testimonium".

Neffen aus Schwarzenthonhausen
Weitere Zeugen berichteten, daß Winno im Besitz von Waffen, Rüstung und Pferden war, somit es sich um einen Ritter gehandelt haben muß. Einer seiner Diener mit dem Namen Arnold erwähnte seine Neffen, nämlich Konrad und Albert von Tanhausen, was einen eventuellen Rückschluss auf Schwarzenthonhausen zulässt und die Neffen vermutlich auch für den späteren Konflikt bezüglich des Testaments verantwortlich zeichnen

Die Witwe des bei Burg Wetterfeld am 22. Juli tödlich verletzten Winno war in dem Testament mit 40 Pfund Pfennigen bedacht worden, verzichtete jedoch gegenüber des Spitals auf den Betrag, wobei die Spitalbrüder stattdessen ihre Versorgung bis an das Lebensende übernahmen. Nach Aussage Winnos Bruders Konrad habe Winno noch im Todeskampf den innigen Wunsch geäußert, daß seine Leiche in das Spital überführt werden solle, um sie unter den Brüdern des Spitals zu begraben.

Verlassen der Hofstelle und Neubesiedlung
Plünderung und Brandschatzung während des Städtekrieges mit einer vorangegangene Fehde dürften die Ursache für das Verlassen der Hofställe Ende des 14. Jahrhunderts sein, wobei lediglich der Name Hirs später wieder in den Urkunden auftaucht, womit die Vermutung nahe liegt, daß er der einzige war, der in den Ort zurückkehrte. Ein Mann namens Polster soll 1390 den großen Spitalhof niedergebrannt haben, eine Person, die aufgrund der im Katharinenspital vorliegenden Namenslisten nicht aus der Ortschaft stammte. Um 1400 scheint Hardt wieder besiedelt worden zu sein, allerdings mit neuen Personen, nämlich Ledrer, Erl und Bäuerl. Der letzte Name taucht in den Rechnungsbüchern bis zu dem Zeitpunkt des Verkaufs an die Parsberger auf.

Bestehen der Ortschaft bereits Jahrhunderte vor Besitzübergang
Der heutige Ortsteil habe laut Dirmeier bereits Jahrhunderte vor dem Besitzübergang an das Katharinenspital Regensburg bestanden. Der Ortsname "hart" bedeute im Mittelhochdeutschen Sandboden, Weide oder Wald und man könne davon ausgehen, daß diese Bezeichnung auf Rodungstätigkeiten hindeuteten, somit auf eine Bewirtschaftung mit Viehweiden. Zur Erläuterung des Hintergrundes führt der Archivoberrat an, daß der Nordgau zur Zeit der bajuwarischen Besiedlung mit Ausnahme der Flussniederungen von dichten Wäldern bedeckt gewesen sei. Ein Pfennigpfund in einem Tongefäß nahe dem Leichenhaus belege des Weiteren die Existenz der Ortschaft, da das Prägedatum aus dem Ende des 13.Jahrhunderts stammt.

Verkauf an Ritter von Parsberg
Die Zughörigkeit zur Grundherrschaft des Spitals endete 1551 / 52, als die Ortschaft wahrscheinlich aus organisatorischen Gründen an den Ritter Hans von Parsberg veräußert wurde. Bis zu diesem Zeitpunkt hat das Spital den Ort als Verwaltungszentrum für seine Güter im westlichen Nordgau ausgebaut und einen Getreidekasten unterhalten. Um 1500 muß es sich um fünf Anwesen gehandelt haben, 1800 um elf Anwesen und 1863 wurden 120 Einwohner verteilt auf 14 Häuser registriert.

Resümierend stellt Dirmeier fest, daß Winno auf der einen Seite ein bäuerliches Leben geführt haben muß, eventuell sogar selber Landwirtschaft betrieben hat, auf der anderen Seite dem Hohenfelser zur Treue verpflichtet war. Sein Grab sei im Katharinenspital zu suchen. Mit ihm, der sich zu seinem Lebensende zu den Kranken und Armen des Katharinenspitals gesellt habe, sei auch die Blütezeit des Rittertums im 12. / 13. Jahrhunderts zu Ende gegangen.

14 Nothelfer bereits im 13. Jahrhundert verehrt
Eine weitere Sensation hat sich durch die Beschäftigung mit der Geschichte Hardts ergeben. Der Kirchenpfleger von Hardt, Sifridus, der in der Originalquelle mit dispensator beate XIIIor bezeichnet wird, bestätigte in seiner Zeugenaussage, daß bereits damals die 14 Nothelfer im Kirchenpatrozinium von Hardt als Gruppe auftraten. Bis dato ging man davon aus, daß die Verehrung der Gruppe von Nothelfern erst im 14. und 15. Jahrhundert erfolgte. Aufgrund der Zeugenaussage ist darauf zu schließen, daß sich deren Verehrung nun ein ganzes Jahrhundert weiter zurück verfolgen läßt. Erst 1863 wurde die Hardter Kirche dem Patrozinium der Heiligen Katharina zugeschrieben, was man 1916 zu Gunsten der 14 Nothelfer korrigierte. 1997 setzte sich wiederum Katharina durch. Zu bemerken ist in diesem Zusammenhang, daß die Heilige Katharina von Alexandrien den 14 Nothelfern zuzurechnen ist.