Realisierung der Schulzeitverkürzung in Parsberg
Kategorie : Parsberg
Veröffentlicht von Gast am 27-Jan-2004 13:35
Die geplante Einführung des achtjährigen Gymnasiums gab Anlaß sich vor Ort im Gymnasium Parsberg zu informieren, wie die Realisierung der Reform zu Beginn des neuen Schuljahres in der Praxis aussehen wird.Original-Bild

Zunächst sollte festgehalten werden, daß der Begriff "G8" eigentlich bereits besetzt ist und zwar für das seit einiger Zeit an wenigen Schulen durchgeführte Projekt des achtjährigen Ganztags-Gymnasiums. Das Angebot, ein Experiment des Kultusministeriums, habe jedoch laut dem Parsberger Schulleiter Karl-Heinz Bruckner keine besonders gute Resonanz gefunden.

Ungeklärte Rahmenbedingungen
Jetzt soll nach den Sommerferien die Schulzeit an den Bayerischen Gymnasien generell auf acht Jahre verkürzt werden, um den Forderungen nach Ganztagsschule und Schulzeitverkürzung gerecht zu werden, wobei seitens der Lehrer jedoch noch eine Reihe von ungeklärten Rahmenbedingungen im Raum stehen.

Bruckner erläutert, daß das fehlende Jahr durch eine Ausweitung der Wochenstunden und eine gewisse Kürzung des Lehrplanes kompensiert werden. Die Umgestaltung des Lehrplanes könne durch das Herausstreichen von Teilgebieten oder aber eine Niveauänderung erfolgen, wobei man sich in den letzten Jahren bereits etwas umorientiert habe und das reine Faktenlernen zu Gunsten des nachhaltigen Wissens und der Methodik zum Wissenserwerb minimiert habe. Desweiteren wird wahrscheinlich auch für weitere schulische Aktivitäten, wie zum Beispiel Exkursionen und Klassenfahrten, weniger Zeit zur Verfügung stehen.

41,5 Stunden-Woche
Der Parberger Schulleiter hat bereits Berechnungen angestellt, wie sich die Schulzeitverkürzung in der Praxis auswirken wird. Ein Schüler der fünften Klasse wird 32 Unterrichtsstunden haben, was 26,5 Zeitstunden entspricht, im Durchschnitt kämen pro Tag eine Stunde Fahrzeit und 2 Stunden Hausaufgaben, bzw. Unterrichtsvor- und Nachbereitung. Addiert man diese Zahlen, so kommt man auf eine Wochenarbeitszeit von 41,5 Stunden. In diesem Zusammenhang sollte man sich das Jugendarbeitsschutzgesetz vor Augen halten, daß eine maximale Arbeitszeit von 40 Stunden vorsieht.

Intensivierungsstunden
Laut der Initiatoren müsse es nun an den Lehrern liegen, aus den Schülern trotz der Mehrbelastung "noch mehr Leistung heraus zu holen" Dies wolle man durch Intensivierungsstunden in kleinen Gruppen erreichen, in denen je nach Leistungsniveau Versäumtes aufgeholt oder durch besondere Angebote Lernanreize geschaffen werden sollen. Drei Wochenstunden seien hierfür vorgesehen, wobei der Aufwand bei einer Klassenstärke von ca. 32 Schüler, vier fünften und vier sechsten Klassen insgesamt 24 Lehrerstunden ausmache. Dies würde normalerweise bedeuten, daß ein weiterer Lehrer eingestellt werden müßte, den man mit Euro 50.000,-- per anno beziffern könne, was wiederum hochgerechnet auf 350 bayerische Gymnasien die Summe von 17,5 Mio Euro ergäbe. In diesem Zusammenhang stelle sich die Frage, ob diese Mittel bereitgestellt würden. Die Entwicklung eines konkreten Modells würde den einzelnen Schulen überlassen, ebenso wie die Regelung der Aufsichten über die Mittagszeit. Ein schwieriges Unterfangen, wenn die Rahmenbedingungen noch ungeklärt sind.
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Logistische Probleme
Doch die Ausweitung der täglichen Schulstunden stellt das Gymnasium Parsberg noch vor logistische Probleme. Ein Großteil der Schüler kommt aus dem Umland und ist auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen. Aufgrund des häufigen Zugverkehrs wird es bei den Bahnfahrern sicher zu keinen Zeitverzögerungen in Bezug auf die Heimfahrt kommen, jedoch die Abfahrtszeiten der Busse werden, sollten sie nicht entsprechend geändert werden, zu längeren Wartezeiten führen. Hier sei das Landratsamt gefordert, so der Schulleiter. Im Übrigen könne man den Kindern und Jugendlichen keinen geregelten Mittagstisch anbieten, da weder Räumlichkeiten noch Mobiliar noch ein Anbieter zur Verfügung stünden. Auch in diesem Punkt sei der Sachaufwandsträger gefordert, eine Lösung bis zum Herbst hält Bruckner jedoch für unwahrscheinlich.

Keine Zeit mehr für außerschulisches Engagement
Die Schüler stünden der Schulzeitverkürzung nicht ganz unkritisch gegenüber, sie befürchten keine Zeit mehr für außerschulische Aktivitäten zu haben, wie zum Beispiel Musikunterricht oder aber zum Beispiel Vereinstätigkeiten. Die kritische Distanz der Schüler zu der Schule und der Gesellschaft habe in den letzten Jahren allerdings generell nachgelassen, auch sei das gesellschaftspolitische Engagement zurückgegangen, konstatiert Bruckner

Eltern kritisch
In der vor Kurzem durchgeführten Podiumsdiskussion hätten sich auch die Eltern kritisch gegenüber der neuen Regelung geäußert. Sie halten die Einführung zum einen für überstürzt und zum anderen gaben sie zum Ausdruck, daß ihnen der schulische Einfluß zu übermächtig würde, sie wollten ihre Kinder selber erziehen.

Allgemeine Situation
Durch die Einführung der G8 würde die Schülerzahl um ca. 90 reduziert, beschreibt Bruckner die allgemeine Situation des Gymnasiums, desweiteren werden demnächst 8o Schüler aus dem Dietfurter Raum nach Beilngries abwandern. Sollte nun noch der westliche Landkreis Regensburg, entsprechend der momentanen Überlegungen ein Gymnasium einrichten, würden weitere 300 Schüler wegfallen und somit die Lebensfähigkeit der Parsberger Einrichtung in Frage gestellt.