Was ist ein FFH? - Fledermäuse in Beratzhausen
Kategorie : Beratzhausen
Veröffentlicht von Gast am 26-Jul-2003 13:05
Auch in Beratzhausen befindet sich ein FFH = Flora-Fauna Habitat und zwar hoch oben i m Kirchturm. Die seltene Fledermaus-Art Großes Mausohr hat sich hier seit Jahren eine Wochenstube eingerichtet. Doch wer unter den Augen der Naturschützer steht, muß seinen Nachwuchs auch jährlich zählen lassen. Am 17. Juli 2003 war es wieder so weit: 285 Fledermäuse befinden sich heuer unter der Kirchturmspitze und lassen sich auch von dem Geläute der Glocken nicht stören. Selbst eine Putzfrau, die in der Kirche ihrer Reinigungstätigkeit nachging und eine Fledermaus voll Entsetzen in einem Putzeimer rumoren hörte, kann die Großen Mausohren nicht davon abhalten, die Pfarrkirche weiterhin als ihr Wochenstubendomizil zu betrachten.Original-Bild

Laut Aussagen der Koordinationsstelle für Fledermausschutz in Nordbayern am Institut für Zoologie der Universität Erlangen beginnen die Jungtiere jetzt bereits mit ihren Flugübungen und zwar innerhalb des Turmes. Sechs bis acht Wochen nach der Geburt bereiten sich die Tiere so auf ihre ersten "Ausflüge" vor.

1984 hatte das Projekt begonnen, als man im Rahmen der Renovierung der Kirche Peter und Paul auch das Turmdach und eine Glocke erneuerte. Damals wurden 150 Fledermäuse durch die Höhere Naturschutzbehörde gezählt. Für sie wurden über den Glocken neue Einflugschlitze geschaffen. Im Mai 1985 meldete Gottfried Pöppl seine Beobachtungen der über die Wochenstube der Fledermäuse, die unter Naturschutz stehen, der Regierung der Oberpfalz.

Das große Mausohr (Myotis myotis) gehört mit seiner Kopf-Rumpf-Länge von 67 - 80 mm, einer Ohrgröße von 26-31 mm, einem Gewicht von 28 - 40 g und einer Spannweite von 350 - 450 mm zu den größten Fledermausarten in Europa.Das Rückenfell ist hellbraun und setzt sich deutlich gegen das meist weiße Bauchfell ab. Den Winter verbringen die Tiere meist in Höhlen in denen die Tempreaturen zwischen 7° und 12° C liegen, wo sie entweder einzeln oder in Gruppen frei von der Decke hängen und ihren Winterschlaf von von Oktober / November bis März / April halten. Zwischen Sommer- und Winterquartier können bis zu 100 km Distanz liegen. Die Wochenstuben werden bevorzugt in großen Dachräumen eingerichtet, deren Einflugöffnung allerdings sehr klein sein darf. Die Tiere produzieren regelrechte Kothaufen, wodurch sie auch meist entdeckt werden, So hatten sie, laut Gottfried Pöppl die Glocken der Kirche in Beratzhausen vor Einzug einer Zwischendecke regelrecht mit einer neuen schwarzen Schicht überzogen, die mühsam abgetragen werden mußte. Mit einer Flughöhe von fünf bis zehn Metern jagen sie über Parks, Feldern, Wiesen und lichten Wäldern sowohl Beutetiere am Boden, wie Laufkäfer und Maikäfer, Nachtfalter, Spinnen, Heuschrecken und Grillen. Die Art ist vom Aussterben bedroht und steht daher unter Naturschutz.

Der Bund Naturschutz hatte im Jahr 2000 noch weitere Flächen für die Ausweisung als FFH vorgeschlagen, da vorallem die Magerrasenhänge vom Hohen Felsen bis zum Galgenberg als Biotopverbund eine Vielzahl von geschützten Pflanzen- und Tierarten Lebensraum bieten. Auf diese Weise hätte sich nichts an den Landschaftspflegemaßnahmen und an der Schafbeweidung geändert, jedoch wäre mit Fördermitteln zur Erhaltung der Trockenrasenhänge zu rechnen gewesen. Desweiteren hatte der Bund Naturschutz in seinem Schreiben an den Gemeinderat argumentiert, daß "die Ernennung eines europäisch anerkannten Schutzgebietes repräsentativ für die Europagemeinde Beratzhausen sei und auch förderlich für den Fremdenverkehr, da eine intakte Landschaft immer mehr Anhänger findet" . Der Antrag auf Aufnahmen von neuen FFH - Flächen wurde im Frühjahr 2000 mit einer Gegenstimme vom Gemeinderat abgelehnt, wobei auf die genaue Artenliste (45 Tier- und 22 Pflanzenarten der Roten Liste), die den Lebensraum Trockenrasen bevölkern in keinster Weise eingegangen wurde. Somit ist es in Beratzhausen bei dieser einen ausgewiesenen Fläche, nämlich dem Kirchturm geblieben.
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Hinter dem Begriff FFH verbirgt sich eine europäische Richtlinie, die den bedrohten Tier-(Fauna) und Pflanzenarten (Flora) in ihren Lebensräumen (Habitat) das Überleben sichern sollen. Diese ausgewiesenen Gebiete dürfen in ihrem Zustand als Überlebensstätte grundsätzlich nicht verschlechtert werden, wobei die Gebietspflege zusammen mit allen Betroffenen festgelegt wird. Im Rahmen von Natura 2000 wurde die Idee entwickelt, eine zusammenhängendes Netz in ganz Europa zur Sicherung der Vielfalt und Schönheit der Natur zu knüpfen. Die qualitätssichernde Nutzungserhaltung wird durch spezielle Fördermittel der EU unterstützt, damit sich für den Besitzer der Flächen keine Nachteile ergeben. Laut einer Veröffentlichung aus dem Jahre 2000 erwartet Bayern bis zum Jahre 2006 eine Auszahlung von rund einer Milliarde DM aus dem EU-Strukturfonds für diese ökologisch wertvollen Gebiete, die im Rahmen der FFH-Richtlinie ausgewiesen und an die EU gemeldet wurden. Allerdings stand Beratzhausen mit seiner Entscheidung, trotz allen Förderungen keine weiteren Flächen auszuweisen, nicht alleine in Bayern da. Der Freistaat ignorierte jahrelang die Richtlinie und wurde erst 1999 durch eine Anklage vor dem Europäischen Gerichtshof zum Handeln gezwungen. Die Angst, wirtschaftliche Nutzungen von Flächen einschränken zu müssen siegte über den Naturschutzgedanken.